Seite wählen

Eine Ode an das Vertrauen

Selbstständigkeit und Isolation sind nicht dasselbe.

Tausende von Jahren waren wir Menschen in Gruppen unterwegs, haben als Gruppen gelebt, in Gruppen gearbeitet, als Gruppen gekämpft.

Dann, vor etwa 600 Jahren, begann eine Entwicklung, welche die Befreiung des Menschen in den Mittelpunkt rückte – der Individualismus. Diese Entwicklung gipfelte in der meiner Meinung nach mächtigsten, menschheitsveränderndsten Erfindung der Geschichte: der Pille.

Plötzlich konnten Frauen selbst über ihre Fortpflanzung entscheiden und sich damit von alten Rollenbildern – also auch alten Verpflichtungen – lösen.

Für Frauen begann in den 60ern eine Heldenreise. Heraus aus alten Zwängen, hinein in die Selbstbestimmung und Selbstverantwortung.

Für die Männer war es nicht anders – plötzlich „mussten“ sie niemanden mehr versorgen. Ihnen fehlte ihre, über Generationen übertragene, Hauptaufgabe – der vermeintlich schwache Geschlecht zu beschützen, die Familie zu versorgen.

Welch Ironie zu erkennen, dass das „schwache“ Geschlecht nur deshalb so schwach erschien, weil es immer in die Schwäche gedrückt wurde. Aber da gibts andere, die dazu mehr sagen können.

Wir leben also in einem Zeitalter der Befreiung. Der Befreiung alter Rollen.

Damit geht aber eine neue Aufgabe einher: Das FINDEN der neuen Aufgabe.

Wofür lebe ich?

Wenn jetzt jeder für sich selbst entscheiden darf… woran sollen wir uns dann noch orientieren?

Eine Reise ins verworrene Innere.

Eine Reise zum Entdecken der eigenen Kraft.

Aber wir sollten eine Sache nicht vergessen:

Mit der Freiheit, die eigene Kraft in alles zu stecken, was uns beliebt…

… kommt auch die Verantwortung, zu lernen, wo wir unsere Kraft besser NICHT hineinstecken.

Der moderne Mensch braucht niemanden, kommt komplett alleine klar, ist finanziell unabhängig und emotional am besten auch noch.

Und dann wundert er sich, warum er ausbrennt und depressiv wird.

Während das nur ein kleiner Ausflug in ein riesengroßes Thema war, hier meine Nachricht des Tages an dich:

Selbstverantwortung, Selbstvertrauen, Selbstständigkeit… heißt nur, dass du dir deiner Kraft bewusst wirst und sie nutzen lernst.

Es heißt nicht, dass du ein alleinstehendes Wesen werden müsstest.

Das bist du nämlich nicht.

Du bist nicht dafür gemacht, für alles Verantwortung zu übernehmen.

Du bist nicht dafür gemacht, alles alleine zu machen – organisatorisch und emotional.

Lerne, mal wieder etwas Kontrolle abzugeben – auch dann, wenn andere Fehler machen.

Die machst du schließlich auch – und lebst trotzdem noch.

Vertrauen in andere Menschen zu haben, heißt nicht, davon auszugehen, dass sie immer ALLES richtig machen.

Es heißt, an ihren guten Willen und ihr Potenzial zu glauben.

Und dieses Vertrauen entwickelst du nur… wenn du ihnen genug Zeit und Möglichkeiten gibst, das unter Beweis zu stellen.

Eine Ode daran, dass Vertrauen nicht nur „bewiesen“ werden kann – sondern in erster Linie auch GESCHENKT werden muss.

Und DAS… das liegt wiederum allein in unserer Verantwortung.

Alles Liebe